SA | 30.10.2021 | 16:00
1 : 1
SV Bühlertal – SV 08
Gefühlter Sieger Kuppenheims
Giardini trifft in letzter Minute trotz Unterzahl zum 1:1gegen Bühlertal / Rot für Herbote
Von BT-Redakteur Christian Rapp
Als Schiedsrichter Marvin Maier zur Halbzeit pfiff und manch Zuschauer nach recht trostlosen und ereignisarmen ersten 45 Minuten auf dem Mittelberg sich auf den Weg machte, um zumindest am Glühweinstand auf die Suche nach etwas Herzerwärmendem zu gehen, folgte ein nicht alltägliches Schauspiel: Maier zückte zur Verwunderung der 300 Zuschauer den Roten Karton und schickte Kuppenheims Steven Herbote vorzeitig zum Duschen. Was war passiert? Nach einem Zweikampf – quasi mit dem Halbzeitpfiff – ließ sich der 08-Flügelflitzer nach einer Provokation zu einer Beleidigung hinreißen, und tat diese auch in einer Lautstärke kund, dass es selbst für Referee Maier problemlos zu hören war. Es sollte der vorläufige tiefste Tiefpunkt der Kuppenheimer Trostlos-Serie sein: Denn mit sieben Spielen ohne Sieg in der Sporttasche angereist, musste 08-Trainer Lucca Strolz am Samstagmittag im Verbandsliga-Derby gegen den SV Bühlertal mit Brooklyn Kwasniok bereits nach fünf Minuten den nächsten Neuzugang im Verletztenstand begrüßen, wenig später gar die Bühlertäler Führung durch – ausgerechnet den Ex-Kuppenheimer – Nico Westermann nach einer einstudierten Eckballvariante verkraften (24.) und schließlich gar Herbotes Bärendienst verdauen. Der SV 08 lag auf dem Mittelberg nach einer ersten Halbzeit, in der sich beide Teams belauerten, kein Risiko eingingen und auf Fehler des Gegners warteten, also am Boden, es drohten ungemütliche zweite 45 Minuten für die Wörtelkicker zu werden. Was dann aber passieren sollte, beschrieb SVB-Trainer Johannes Hurle hinterher mit der „Psychologie des Fußballs“. Seine Elf nämlich ließ in Überzahl – wie schon eine Woche zuvor in Pfullendorf – jegliche Spielfreude vermissen, ebenso auch die Lauffreude und Passschärfe. Der SV 08 dagegen bäumte sich auf, kämpfte mit dem Mute der Verzweiflung um jeden Ball, schmiss sich in jeden Zweikampf und verdichtete die Räume rund um den eigenen Strafraum durch ein enormes Laufpensum, sodass kaum Bühlertäler Chancen heraussprangen. Lediglich ein Distanzschuss sowie ein Schlenzer von Philip Keller (58., 69.) verfehlten das Ziel, also das von Maximilian Bachmaier gehütete 08-Tor, denkbar knapp. Auf der Gegenseite hätte die Mittelberg-Meute spätestens nach der Riesenchance von Lucas Grünbacher, der fünf Meter vor dem Tor völlig frei vor SVB-Keeper Christian Gudera aufgetaucht war, aber zu unplatziert abschloss, gewarnt sein müssen (84.). Allein, sie war es nicht. In den folgenden Schlussminuten setzte der SV 08 alles auf eine Karte (Strolz: „Wir haben uns entschieden, aktiv zu bleiben, anzulaufen und den Gegner unter Druck zu setzen.“) – und wurde belohnt: In Minute 90 wurde der eingewechselte Yannis Otto auf der rechten Flanke in Szene gesetzt, dessen scharfe Hereingabe rauschte an Freund und Feind vorbei gen zweiter Pfosten, wo Emanuele Giardini mutterseelenallein zum 1:1- Endstand einschob. Es folgte ein Jubellauf und -schreie, die den Mittelberg erschütterten. Fast so, als hätte der SV 08 gerade die Trostlos-Serie beendet. Wobei, zumindest gefühlt, durften sich die Wörtelkicker nach diesem Kraftakt als Sieger fühlen, während sich die SVB-Akteure bei Nieselregen wie begossene Pudel von dannen machten. „Der SV 08 hat es mehr verdient gehabt in der zweiten Halbzeit das 1:1 zu machen, als wir das 2:0, weil er mehr dran geglaubt hat“, sagte Hurle, der ein „schwaches Verbandsligaspiel“ sah. Doch auch sein Gegenüber strahlte – trotz des späten Lucky Punch – nicht. „Die Jungs, die nach der Pause gespielt haben, haben alles reingeschmissen, ihr Herz auf dem Platz gelassen. Es war der pure Wille. Trotzdem ist es extrem bitter, dass Brooklyn raus ist und auch Steven fehlen wird“, sagte Strolz. Irgendwie, so hatte es den Anschein, gab es am Samstagmittag auf dem Mittelberg nur Verlierer – trotz Punkteteilung
Stimmen zum Derby
Balzer:„Echt stolz auf die Truppe“
Ralf Balzer (sportlicher Leiter SV 08 Kuppenheim):
„Bis zur Halbzeit ist heute alles gegen uns gelaufen: der nächste Verletzte, dann Rückstand, Rote Karte mit dem Halbzeitpfiff, komische Abseitsentscheidungen des Schiedsrichtergespanns. In Unterzahl haben die Jungs aber sich so den Arsch aufgerissen und mit einer tollen Willenskraft hier noch einen Punkt geholt. Ich bin echt stolz auf die Truppe, wie sie sich als verschworene Einheit präsentiert – trotz ihres jungen Alters. Wir werden gestärkt aus der derzeitigen Situation herausgehen davon bin total überzeugt.“
Faruk Karadogan (verletzter Routinier des SV 08):
„Kompliment an die Jungs! Nach der Pause haben sie toll gekämpft, sich das Unentschieden mit einer enormen Willenskraft verdient.“ (rap)
SV Bühlertal: Gudera – Schneider, Mo. Keller, Friedmann (66. Weber) – Max. Keller (76. Haug), Heller, Metzinger, N. Scharer, Weiß (46. Avdime- taj) – Westermann, P. Keller
SV 08 Kuppenheim: Bachmaier – Buttermilch (59. Otto), Luka Maier (71. Alex Tran), Lumpp, Kwasniok (5. Leon Maier) – Tran, Radke – Hurr- le (64. Balzer), Giardini, Herbote – Grünbacher
Schiedsrichter: Marvin Maier – Zuschauer: 300
Tore: 1:0 Westermann (24.) – 1:1 Giardini (90.)
Gelbe Karten: Weiß, Schneider, Heller, Weber, Westermann/Buttermilch – Rote Karte: Herbote (45., Beleidigung) – Beste Spieler: Westermann, Heller – Giardini, Radke.
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